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Der Dämon unprofitabler Trader: Verlust-Aversion

Aktualisiert: 19. Juli 2019

Im zweiten Artikel unserer Serie „7 Eigenschaften unprofitabler Trader“ haben wir uns der Tendenz unprofitabler Trader gewidmet, sich nicht selten als Antizykler im Markt zu positionieren, sprich: gegen den übergeordneten Trend handeln zu wollen.


Im heutigen Artikel soll es um eine klassische kognitive Verzerrung, der sogenannten „Verlust-Aversion" gehen:


Unprofitable Trader haben häufig eine hohe Verlust-Aversion


Die beiden Psychologen Kahneman und Tversky haben in ihrer “Neuen Erwartungswert-Theorie“ (Englisch: Prospect Theory) festgehalten, dass Menschen Verluste dramatischer schmerzend empfinden und gewichten, als sie Gewinne in der gleichen Höhe als positive Erfahrung wahrnehmen.


(Kleine Anmerkung: ich lege dir in diesem Zusammenhang die Lektüre des Buchs „Schnelles Denken, langsames Denken“ wärmstens ans Herz. Während das Buch auf den ersten Blick nichts mit Trading zu tun zu haben scheint, wirst du nach der Lektüre feststellen, warum ich es als eines der besten, vielleicht das beste Trading-Buch zum Thema Psychologie bezeichne.)


Ich habe in der Vergangenheit bereits häufiger Vorträge und Webinare zum spannenden Thema Verlustaversion gehalten, will auf meine bis jetzt gemachten Erfahrungen an dieser Stelle zurückgreifen und die im nebenstehenden Chart offensichtliche Tendenz von (zumeist unprofitablen) Privatanlegern, Gewinne zu schnell mitzunehmen (kleine blaue Balken) und Verluste ausufern zu lassen (große, rote Balken) anhand eines praktischen Beispiels und Spiels illustrieren:


Wir wollen zwei voneinander unabhängige Spiele spielen, und das auch nur einmal:


Spiel 1:


Wähle eine der beiden folgenden Optionen:


  • Option A: Du erhältst hier und jetzt sofort sicher 900 Euro.

  • Option B: Du hast eine 90-prozentige Chance, 1.000 Euro zu gewinnen und folglich eine 10-prozentige Chance, nichts zu gewinnen.

Frage: Welche Option wählst du?


Spiel 2:


Wähle eine der beiden folgenden Optionen:


  • Option A: Du musst mir hier und jetzt sofort 900 Euro geben.

  • Option B: Du hast eine 90-prozentige Chance, 1.000 Euro zu verlieren und folglich eine 10-prozentige Chance, nichts zu verlieren.


Frage: Welche Option wählst du?


Klar ist: bei den Antworten gibt es kein „richtig“ bzw. „falsch“, aber erfahrungsgemäß wählen in Spiel 1 rund 60 Prozent Option A und in Spiel 2 zwischen 70 und 80 Prozent Option B.


Wenn deine Wahl nun genauso ausgefallen ist, bist du jetzt eventuell baff und hältst mich für einen Trading-Magier, der in die Seele von Tradern blicken kann…


Aber ich bin kein Magier, tatsächlich bist du nur deiner natürlichen Tendenz Sicherheit vor Unsicherheit zu bevorzugen unterlegen oder anders: du hast dich einfach nur menschlich verhalten.


Da die Formel zum Erwartungswert offenbart, dass es sich hier in beiden Spielen bei den jeweiligen Optionen um identische Ergebnisse handelt (prüfe es gerne nach), ist deine Entscheidung offensichtlich rein emotional bzw. gefühlsbasiert.


Demnach sichert man sich im ersten Spiel, jenem, wo es etwas zu gewinnen gibt, die sichere Option A und wird im zweiten Spiel, wo es etwas zu verlieren gibt, risikofreudig, denkt sich:

„Ach, was sind schon 100 Euro mehr Verlust, 900 oder 1.000 Euro machen keinen Unterschied, wenigstens habe ich eine 10-prozentige Chance ohne Verlust aus der Sache rauszukommen...“


Genau diese natürliche Tendenz, Sicherheit im Gewinnfall anzustreben und risikofreudig im Verlustfall zu werden und zu hoffen, dass der Markt sich noch einmal zu seinen Gunsten bewegt, beantwortet im Kern die Frage, warum es für viele (dich auch?) so schwierig ist, Gewinn-Trades laufen zu lassen und Verlust-Trades zu begrenzen bzw. Verluste zu akzeptieren.


Wie oben bereits erwähnt, habe ich zu diesem Thema bereits diverse Vorträge gehalten, unten findest du einen solchen Vortrag auf der World of Trading 2018 für den Broker „Tickmill“:



Im nächsten Artikel wollen wir uns dann dem nächsten Hauptgrund für Unprofitabilität im Trading widmen, irgendwie fließend übergehend aus obiger Verlust-Aversion, will man doch diesen Verlustschmerz gerne vermeiden und Recht behalten


Falls dir der Artikel gefallen hat, sende hierzu gerne eine Mail an jklatt@jk-trading.com

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