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Softbank und der Optionsmarkt als Ankündigung für einen Crash?

Aktualisiert: 9. Sept. 2020


Angesichts der massiven Rallye der Technologieaktien in den letzten fünf Monaten, infolge der der Nasdaq100 letzte Woche zeitweise ausgehend von seinem März-Tief um mehr als 80% gestiegen ist, konnte man unter Tradern vielerorts Kopfschütteln und Unglaube ausmachen.


Diese Aktienmarkt-Rally spiegelt infolge der katastrophalen fundamentalen Aussichten nicht die realwirtschaftliche Lage wider (um es noch einmal sehr deutlich zu sagen: ich bin fest davon überzeigt, dass es Post-Covid19 keine V-shaped Recovery geben wird, weder hierzulande noch in den USA oder sonst wo auf der Welt, stattdessen viele Tränen, Elend und konjunkturelle Tristesse) und infolgedessen schütteln viele Marktteilnehmer ungläubig den Kopf.


Was diese Entwicklung nicht nur hinsichtlich des Laufs im Nasdaq100, sondern auch im breiter aufgestellten S&P500 noch verdächtiger machte, war der zeitgleiche Anstieg des Volatilitätsindex VIX, der normalerweise nicht mit der Markierung neuer Allzeithochs zusammenfällt, sondern stattdessen ein Zeichen dafür ist, dass sich Händler für kurzzeitig ansteigende Volatilität und gegen Kursrücksetzer versichern.


Quelle: Zerohedge

Als Haupttreiber wird insbesondere die FED, ihre ultralockere Geldpolitik und Manipulation des Aktienmarktes genannt oder auch ein spekulativer Exzess eines „neuen Spielers am Markt“ namens Robinhood-Trader (also primär Privatanleger).


Am vergangenen Freitag wurden den Spekulationen endlich ein Ende bereitet, der Haupttreiber demaskiert: Softbank.


Ich weiß allerdings nicht, ob diese Erklärung wirklich hinreichend ist. Dieser Blog-Artikel soll einmal skizzieren, dass es eventuell doch eine wesentlich von Privatanlegern genährte Hausse in US-Tech-Aktien gewesen ist, die wir besonders im Juli und August zu sehen bekommen haben.


Und ich nehme die Pointe bereits vorweg: egal, ob es Softbank der Haupttreiber der Rallye war oder Privatanleger oder auch eine Kombination aus beiden.


Unterm Strich bleibt ein spekulativer Exzess, der sich in einem empfindlichen Kursrücksetzer widerspiegeln könnte, der sich bereits aktuell in erster Form in stärkerem Abgabedruck in Aktien aus dem „FANGMAN-Kartell“ widerspiegelt und sich begünstigt durch eine in US-Präsidentschaftswahljahren bearishe Saisonalität im September und Oktober noch wesentlich beschleunigen könnte.


Wer ist Softbank und was hat Softbank gemacht?


Laut Wikipedia ist die SoftBank Group Corp. eine japanische multinationale Konglomerat-Holdinggesellschaft, die Anteile an vielen Technologie-, Energie- und Finanzunternehmen unter anderem auch den „Vision Fund“ betreibt, den weltweit größten technologieorientierten Risikokapitalfonds mit einem Kapital von über 100 Milliarden US-Dollar.


Dieser „Vision Fund“ war in den letzten Monaten verstärkt im Optionshandel tätig und hier ganz besonders in US-amerikanischen Technologieunternehmen wie Apple, Amazon, Microsoft, Facebook, Google, aber auch Tesla.


„Verstärkt“ bedeutet konkret: Goldman Sachs weist auf eine „historische Umkehr“ hin, wonach der durchschnittliche Tageswert gehandelter Optionen jene der zugrundeliegenden Aktien überstiegen hat, das Volumen der einzelnen Aktienoptionen im Juli 114% des Aktienvolumens und -optionen in Amazon, Tesla, Apple, Netflix und Facebook erreichte (diese Werte zeigten hier im Juli die höchsten Volumina).


Wie die Financial Times am vergangenen Freitag berichtete, ist also folgendes passiert: Softbank hat aggressiv Call-Optionen gekauft, was dem Käufer das Recht einräumt, eine Aktie zu einem im Voraus vereinbarten Preis (Ausübungspreis) zu kaufen (für eine Einführung zu Optionen schau dir auch gerne den Blog-Artikel „Was sind Optionen? Grundlagen“ an).


Da sich der Preis von Optionen an verschiedenen Variablen („Griechen“) wie dem Preis, aber auch der Zeit oder der Volatilität orientiert, kommt es neben dem Kursanstieg in der zugrundeliegenden Aktie (bzw. dem Basiswert generell), auch zu einem Anstieg der Volatilität.


Warum steigt der Kurs der Aktie?


Das kommt dadurch zustande, dass der Verkäufer der Option sich absichert.


Der sogenannte Stillhalter der Option muss ja im Fall der Ausübung zum vereinbarten Ausübungspreis „liefern“.


Hat der Stillhalter die Aktie nun nicht da, der Ausübungspreis der Option ist 1.000 USD, die Aktie notiert aber zum Zeitpunkt der Ausübung bei 1.500 USD, muss der Stillhalter die Aktie für 1.500 USD kaufen und zu 1.000 USD verkaufen – ihm entsteht also pro Aktie ein Verlust von 500 USD.


Um das zu vermeiden, kauft der Stillhalter also nach Verkauf der Option im entsprechenden Umfang die zu liefernden Aktien und sichert seine Position ab („hedgt“ sich).


Es zeigt sich, was ich eingangs mit „spekulativer Exzess“ meinte:


der jüngste Anstieg in US-Tech-Aktien die nicht nur den Nasdaq100 massiv getrieben haben, sondern durch das Gewicht des FANGMAN-Komplex im S&P500, wo dieser rund 25% ausmacht, auch einen Großteil der Bewegung auf neue Allzeithochs in diesem, finden keinen fundamentalen Treiber, sondern resultieren nahezu ausschließlich aus dieser riesigen Wette Softbanks.


Aber: war es wirklich Softbank?


Ich könnte an dieser Stelle des Blog-Artikels nun bereits zum Ende kommen, will es aber hierbei nicht bewenden lassen.


In der Tat bin ich im (wärmstens empfohlenen) Twitter-Feed von SentimenTrader über eine weiter unten aufgezeigte Grafik gestolpert und hier über eine sehr detaillierte Ausführung von Benn Eifert in Bezug auf das Treiben am Optionsmarkt und eine Relativierung dieser (doch nicht wirklich komplexen und fast schon einfach anmutenden) Wette Softbanks.


Softbank hat sich in der jüngsten Vergangenheit mit seinen Spekulationen in WeWork oder auch Wirecard sicherlich nicht mit Ruhm bekleckert, aber nach Lesen des FT-Artikels schien mir diese Erklärung doch etwas sehr einfach.


Konkret: Eifert stellt heraus, dass es im Falle von Softbanks Trade um institutionelle Call-Spread-Trades, in unserem Fall im Technologiebereich handelt.


Eifert führt aus, dass es sich um Trades mit Call-Optionen handelt, die einige Milliarden USD umfassen (also an gezahlten Optionsprämien) mit Laufzeiten zwischen 3 bis 6 Monaten und hier in Titeln wie Microsoft, Amazon, Netflix und Co.


Eifert stellt weiter heraus, dass der sich abzeichnende Orderflow in Bezug auf die ausgeführten Options-Trades „Delta-neutral“ war, sprich:


Softbank (und auch Trittbrettfahrer, die sich ausgehend von der Price Action an Softbanks Trade im übertragenen Sinne „rangehangen“ haben) hat zwar Call-Optionen gekauft, aber zeitgleich den zugrunde liegenden Umfang an Aktien verkauft, war also in Bezug auf die Kursentwicklung in Facebook, Amazon und Co. indifferent bzw. „Delta-neutral“.


Viel mehr handelte es sich um Trades, die auf einen Anstieg der Volatilität abzielten: die von institutionellen Marktteilnehmern gehandelten Optionen haben gemeinhin eine längere Laufzeit als die von Privatanlegern gehandelten Optionen.


Das bedeutet anders: diese Optionen mit 6-Monats-Laufzeit haben ein viel stärkeres Gewicht auf Veränderungen im Vega (also der Volatilität im zugrunde liegenden Basiswert), als auf Veränderungen im Gamma (welches die Konvexität gegenüber Spot-Preisänderungen anzeigt (man verzeihe mir die etwas hochtrabende Formulierung, aber mir fällt gerade keine einfachere ein 😉)).


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Erste Hochrechnungen seitens diverser Trader und auch Eiferts zeigen, dass es sich in Bezug auf das Gamma vielleicht um ein paar Millionen USD Gamma pro 1% Kursanstieg in den thematisierten Tech-Aktien gehandelt hat – also zu klein, um den parabolischen Kursanstieg im Nasdaq100 in den letzten Wochen zu rechtfertigen.


Demnach ist davon auszugehen, dass die Beschleunigung der Aufwärtsbewegung in Tech-Aktien die Stillhalter der Optionen von Softbank und Co. dazu zwang einen Teil ihrer verkauften Volatilität einzudecken, ähnliche 3 – 6 Monats-Nasdaq- und S&P500-Optionen zu kaufen und die Volatilität weiter steigen zu lassen – Hand in Hand gehend mit dem Kursanstieg des Aktienmarktes.


Und wer hat dann den Aktienmarkt hoch gekauft und warum?


Diese Frage haben wir tatsächlich bereits beantwortet: die sich absichernden Stillhalter.


Nur dass die Käufer der Optionen hier nicht Softbank und Co. waren – sondern vermutlich Privatanleger.


Blicken wir einmal auf die bereits weiter oben thematisierte Grafik von SentimenTrader:



Die Grafik zeigt basierend auf Options Clearing Corp. (OCC)-Daten auf, dass im Juli Privatanleger Prämien für Optionen in Höhe von 40 Mrd. USD gekauft haben.


Robinhood wird hier gerne als Stellvertreter für den Privatanlegerbereich genannt, ist aber zu kurzgefasst, die spekulative Options-Nachfrage geht weit über Robinhood hinaus.


In Bezug auf die gehandelten Optionen handelt es sich um sehr kurz laufende Titel (Laufzeit < 2 Wochen) und diese bezieht sich primär auf Growth-Aktien (High-Beta-Stocks).


Der Grund ist einfach: diese kurz laufenden Optionen haben einen Riesen-Hebel und hohes Gamma („Gamma-Hammer“) sobald sich der Preis der Option dem Ausübungspreis/Strike nähert - ein Paradies für zockende Privatanleger.


Ein konkretes Beispiel nach Benn Eifert: wenn ein Privatanleger am 14.08. einen 3.250 USD-Amazon-Call bei einem zeitgleichen Aktienkurs von 3.148 USD für eine Amazon-Aktie mit einwöchiger Restlaufzeit gekauft hat, hat er hierfür 15 USD bezahlt.


Eine solche Option umfasst eine Lieferung von 100 Amazon-Aktien.


Das Delta dieser Option betrug 21%, demnach bezog sich der Gegenwert der Position auf


100 * 21% * 3.148 USD = 66.100 USD


Und hierfür musste der Privatanleger gerade einmal 1.500 USD Prämie zahlen (15 USD * 100 Aktien).


Das entspricht einem Hebel von 66.100 / 1.500 = 44 zu 1.


Der Stillhalter der Option sichert diese Position entsprechend ab, kauft 21 Amazon-Aktien.

Amazon steigt am nächsten Handelstag um 1.1% auf 3.182 USD.


Der Preis der Option steigt auf 15.50 USD, das Delta auf 26%, der Gegenwert der Position steigt von 66.100 auf


100 * 26% * 3.148 USD ~ 82.000 USD


Der Stillhalter muss sein Delta weiter absichern (dynamisches Delta-Hedging), kauft 5 weitere Amazon-Aktien, stockt seine Position auf 26 Amazon-Aktien auf.


Am darauffolgenden Tag steigt Amazon um weitere 4.1%, notiert bei 3.312 USD.


Die Option notiert plötzlich im Geld, oberhalb des Ausübungspreis von 3.250 USD, der Preis der Option notiert bei 81 USD, das Delta bei 73%.


Der Stillhalter wäre infolgedessen gezwungen, weitere 47 Aktien Amazon zu kaufen, der Gesamtwert der Position wäre auf 230.000 USD gestiegen, während unser Privatanleger ursprünglich 1.500 USD Optionsprämie für den Trade bezahlt hätte.


Der resultierende Hebel: 230.000 USD : 1.500 USD = 153 zu 1 (!!!!!!)


Dieses einfache Beispiel illustriert, wie kurz laufende Options-Positionen Trendbewegungen in High-Beta- oder Tech-Aktien stark beschleunigen können:



Blickt man nun auf die 40 Milliarden USD an Optionsprämien, die seitens Privatanlegern im Juli aufgewendet worden sind, bekommt man eine gute Vorstellung, warum das Wort „spekulativer Exzess“ angemessen ist, warum es sich um eine Blasenbildung handeln dürfte und bei genauerer Betrachtung des SentimenTrader-Charts auch, was als nächstes folgen dürfte…

Crash in Aktien voraus?


Nun, ob es ein Crash wird bleibt mit Sicherheit abzuwarten.


Aber die Chancen eines zumindest kurzfristigen Tops sind recht gut.


Denn eine legitime Frage ist mit Sicherheit: wenn die Stillhalter nun auf Aktienpositionen in US-Tech-Aktien im Gegenwert von zig Milliarden USD sitzen, warum sollten diese ein solch spekulative Position, auch vor dem Hintergrund des unsicheren konjunkturellen Ausblicks Post-Corona, aufrecht erhalten?


Und dann sei dort auch die bekannt saisonale Schwäche in US-Präsidentschaftswahljahren im September und besonders Oktober verwiesen.


Apropos US-Präsidentschafts-Wahljahr: folgendes ist zwar nur rein spekulativ und primär ein persönliches Gefühl meinerseits, aber:


grob gesprochen lässt sich wohl sagen, dass Trumps Chancen auf eine Wiederwahl größer sein dürften, wenn der Aktienmarkt gut performt.


Wenig überraschend käme demnach eine „unsichtbare Anti-Trump-Allianz“ kurz vor der Präsidentschaftswahl, die alles in ihrer Macht stehende täte Trumps Wiederwahl z.B. mit einem „kleinen“ Aktienmarkt-Crash zu erschweren.


Geführt werden könnte eine solche Allianz zum Beispiel von der, von Trump häufig kritisierten und verunglimpften, FED…


Wie?


In dem die FED sich auf ihrer am 16. September stattfindenden Notenbanksitzung geldpolitisch zunächst erstaunlich zurückhält, beispielsweise einen kurzen Spike in 10-jährigen US-Zinsen zurück über 1% zu ließe, resultierend in einem starken Rücksetzer in Aktien…


Aber wie gesagt, dass ist rein spekulativ, für Diskussionen oder konträre Einschätzungen schaue man gerne einmal im JK Trading-Forum vorbei…😉


Zudem: ich bin in den ersten Minuten des Morning Meeting vom 09.09. auf den Artikel eingegangen und versuche die weiter oben dargestellten Überlegungen auch noch einmal audio-visuell aufzugreifen und zu präsentieren:



Dir hat der Artikel gefallen? Lass es den Autor wissen! Sende hierzu eine Mail an jklatt@jk-trading.com

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