top of page

Ist der Krypto-Euro die Zukunft unseres Geldsystem?


Im Zuge der Entwicklungen rund um die Coronavirus-Krise, dem Stillstand des wirtschaftlichen Lebens, der zeitgleich massiven geldpolitischen Stimuli seitens der EZB oder auch der FED wurde mir in den vergangenen Tagen mehr als einmal mulmig im Bauch.


Der Grund: die jüngsten Entwicklungen schüren gerechtfertigt Sorgen, dass der Stillstand des wirtschaftlichen Lebens, die Unterbrechung von Lieferketten und zeitgleiches Gegensteuern mit massivsten geldpolitischen Stimuli zu einer ähnlichen Entwicklung wie im Deutschland der 1920er Jahre in der Weimarer Republik führen könnte:


  • Massenarbeitslosigkeit,

  • Hyperinflation,

  • gesellschaftliche Verarmung und Verelendung und

  • politische Instabilität, gipfelnd in einem erneut dunkeln Kapitel unserer Geschichte.


Und während solche Gedanken ihre Daseinsberechtigung haben und ernst zu nehmen sind, stellte ich mir in einer ruhigen, von Emotionen losgelösten Minute die Frage, ob die aktuelle Situation nicht auch eine Chance sein könnte.


Eine Chance, unser fragiles Geldsystem zu überholen und substantielle Verbesserungen auf den Weg zu bringen.


Ein erster Gedanke war, dass die Basis eines zukünftigen Geld- und Wirtschaftssystems Erkenntnisse rund um das Thema „Kryptowährungenbeinhalten sollte.


Neben dem Umstand, dass die voranschreitende Digitalisierung rund um den Globus auch vor unseren Zahlungsmitteln keinen Halt machen und die Effizienz im Zahlungswesen auf ein unvorstellbares Maß steigern wird, lassen sich Kryptowährungen, ganz grob gesprochen, nicht beliebig aus dem Nichts schaffen.


Eine Eigenschaft, wonach man Digitalwährungen wie Bitcoin manchmal auch als „digitales Gold“ betitelt.


Diese Eigenschaft geht direkt einen ganz wesentlichen, negativen Aspekt unseres Fiat-Geldsystems an, wonach Banken Kreditgeld aus dem „Nichtsschaffen können (hierzu lese auch noch einmal den Blog-Artikel „Parabolischer USD-Anstieg – der Anfang vom Ende unseres Geldsystems?“, ein ganz wesentliches Stichwort lautet „Mindest-Reservesystem“).

In Bezug auf unseren Euro dachte ich zudem an die Möglichkeit der Einführung einer Parallelwährung zum "offiziellen" Euro, sprich:


ein ganz wesentliches Problem des Euros ist, dass man versucht verschiedene Nationen mit unterschiedlicher Wirtschaftskraft unter dem Dach einer Währung unterzubringen.


Wenn uns die vergangenen Jahre in Bezug auf den Euro eins vor Augen geführt haben, dann doch wohl, dass dies in einem inhomogenen Konstrukt wie der EU ein romantischer Gedanke ist, nicht mehr, nicht weniger.


Und das Aufbegehren populistischer Kräfte über die gesamte europäische Landkarte ist mit Sicherheit ganz wesentlich auf die fehlerhafte Konstruktion des Euros und die infolgedessen negativen wirtschaftlichen Konsequenzen, besonders in der südeuropäischen Periphere, zurückzuführen.


Das Kokettieren dieser populistischen Stimmen mit dem Ausscheiden aus der EU und/oder das Ausscheiden aus dem Euro und die Rückkehr zur alten Währung, sich wirtschaftlich zu gesunden und dann wieder in die EU und den Euro zurückzukehren, hat mich zur Frage kommen lassen, ob der Erhalt des Euros, das Verbleiben des jeweiligen Landes in der Währungsunion, bei zeitgleicher Einführung einer Parallelwährung möglich wäre.


Ich habe dann begonnen, mich ein wenig in das Thema „Kryptowährungen“ einzulesen und diesbezügliche Überlegungen zusammen zu tragen, wie ein Krypto-Euro dann ausgestaltet sein könnte.


Stabilität


Was mich zunächst einmal beschäftigt hat, war die Frage, ob es so etwas wie eine stabile Kryptowährung überhaupt gibt.


Es steht nämlich außer Frage, dass ein Krypto-gedecktes Währungssystem nur dann etwas taugt, wenn dieses auch stabil ist und somit Vertrauen schafft.


In diesem Zusammenhang will ich ganz ehrlich sein: einer der Gründe, warum ich in Bezug auf Bitcoin und Co. sehr reserviert war und immer noch bin ist, weil die Volatilität im Krypto-Bereich generell enorm ist und sich somit als Wertaufbewahrungsmittel, anders als z.B. Gold, ganz und gar nicht zu eignen scheint.


Wie ich dann feststellen durfte, gibt es in diesem Zusammenhang bereits eine ganz wesentliche Entwicklung, nämlich den „Stablecoin“.


Wikipedia schreibt


Stablecoins sind Kryptowährungen, deren Preis durch aktive oder automatische Geldpolitik mit dem Ziel geringer Volatilität in Bezug auf eine nationale Währung, einen Währungskorb oder andere Vermögenswerte gesteuert wird.


Das von Facebook geführte Projekt „Libra“ ist zum Beispiel auch ein Stablecoin, wäre an einen Währungskorb gebunden.


Und was ich auch herausfand: die schwedische Riksbank ist in ihren Bemühungen eine Blockchain-basierte Krone (e-Krona) zu schaffen, schon sehr weit vorangeschritten und diese wäre, da sie der Riksbank-Geldpolitik unterworfen wäre, ebenfalls ein Stablecoin.


Blockchain – was ist das?


Nun fiel bereits erstmalig der Begriff „Blockchain“.


Bevor es weitergeht ist es wichtig, dass wir die Begrifflichkeit „Blockchain“ einführen, die im Bereich Kryptowährung immer wieder auftaucht und essentiell ist:


  • Eine Blockchain ist eine Kette (engl.: „chain“) von digitalen Datenblöcken (engl.: „block“).

  • Jeder Block ist nun befüllt mit Transaktionen, ähnlich wie in einem Buchhaltungssystem.

  • Das Besondere ist, dass diese Transaktionen auf einer Vielzahl von Rechnern, die dezentral angeordnet sind, gespeichert sind.

  • Das bedeutet, dass das System 100% transparent und fälschungssicher ist, denn: wenn du einen Block verändern wolltest, müsstest du jeden Block auf allen anderen Rechner verändern, was nicht möglich ist.

  • Um die Blockchain nun um einem weiteren Block zu erweitern, wird die jeweilige Transaktion (z.B. eine Überweisung) an alle Rechner geschickt.

  • Diese prüfen dann, ob die jeweilige Transaktion möglich ist.

  • Der erste Rechner, der die Transaktion überprüft und bestätigt, die Blockchain also um einen Block erweitert, schickt eine entsprechende Information an alle anderen Rechner mit seiner Lösung.

  • Wird diese von den anderen Rechnern bestätigt, aktualisiert jeder seine Datei und der „Miner“ wird belohnt (erhält im Falle der Bitcoin-Blockchain z.B. x Bitcoin).

  • Diese Methode wird auch als „Proof-of-work“ bezeichnet.

  • Die Transaktion bzw. der neue Block bekommt dann einen Zeitstempel und beinhaltet sämtliche Transaktionsdaten, ist also jederzeit für jedermann einseh- und nachvollziehbar.


Hier wird bereits klar, warum eine durch Krypto-Technologie gedeckte Währung interessant ist: es ist Aufwand bzw. Rechenarbeit nötig, um die Blockchain zu erweitern.


Das ist im übertragenen Sinne genau dasselbe wie in Bezug auf das Goldschürfen (engl. „Gold Mining“): Gold ist nicht unbegrenzt verfügbar bzw. kann nur unter hohem Aufwand abgebaut werden.


Demnach ist eine mit Gold unterlegte Währung nicht beliebig aus dem Nichts schaffbar, da Gold nicht unendlich verfügbar ist.


Und da offenbar auch die Blockchain nur unter bestimmten Aufwand erweitert werden kann, wird klar, warum ein Blockchain-basierter Krypto-Euro interessant sein könnte.


Smart Contract


Nachdem ich mich ein wenig mit Blockchain-Technologie beschäftigt hatte, stolperte ich auch recht zügig über sogenannte „Smart Contracts".


Smart Contracts sind im übertragenen Sinne Programme, die eine Bedingung festlegen, wie in einem Vertrag (engl.: „Contract“).


Ein solcher Smart Contract könnte z.B. so programmiert sein, dass im Falle eines selbstfahrenden Autos, dass selbstständig in eine Parklücke einparkt, automatisch ein Signal an eine Parkuhr gesendet wird, Betrag x für die Parkzeit zu überweisen.

Diese beiden Konzepte, „Blockchain“ und „Smart Contracts“ werden im Zusammenhang mit unserem Krypto-Euro im Folgenden noch von enormer Wichtigkeit sein.


Ausgehend vom letztwöchigen Blog-Artikel zum „Helikoptergeld, stellte der entsprechende Wikipedia-Artikel eine Studie des „Centre for Economic Policy Research“ (CEPR) heraus, wonach es sich bei Helikoptergeld um eine Form expansiver Fiskalpolitik auf der Basis von Zentralbankgeld handle, aber nicht um monetäre Geldpolitik (welche nur die Zinsen steuern kann, nicht aber die Geldbasis).


Die Lehrbuchautoren Stephen Cecchetti und Kim Schoenholtz skizzierten, wie Helikoptergeld in der Praxis ausschauen könnte, wir kürzen das an dieser Stelle auf die ersten beiden Schritte ab:


  1. Das Schatzamt stellt einen Schatzbrief für die Zentralbank aus und bekommt dafür ein Guthaben gutgeschrieben. Etwas plumper könnte man sagen: die jeweilige Regierung verkauft eine Staatsanleihe z.B. an die EZB und erhält dafür xyz Euro von der EZB überwiesen.

  2. Das Schatzamt überweist das Geld an eine Bank und somit auf das Konto des jeweiligen Bürgers. Alternativ könnte das Schatzamt das von der Zentralbank erhaltene Geld auch in Infrastrukturprojekte stecken oder Steuerrückerstattungen geben.

Dieser Aspekt des Helikoptergeldes könnte nun als Basis für einen Krypto-Euro dienen:


Das Bundesfinanzministerium gibt z.B. Bundesanleihen aus, die die EZB kauft.


Im Gegenzug überweist die EZB an das Bundesfinanzministerium einen Krypto-Euro, wobei die Übertragung via Blockchain-Technologie erfolgen würde.


In diesen Krypto-Euro würde man einen Smart-Contract einbauen, der z.B. als Bedingung hätte, dass der Krypto-Euro an Geschäftsbanken und somit auf die Konten von Bürgern überwiesen würde.


Somit wäre gewährleistet, dass jeder Krypto-Euro nicht nur beim jeweiligen Bürger ankäme, sondern zudem vollständig durch einen entsprechenden Gegenwert gedeckt wäre, aber auch fälschungssicher, denn: jeder Euro, der nicht über einen solch eingebetteten Smart Contract verfügte, wäre ein „falscher“.


Diese „falschen Krypto-Euros“ sind meines Erachtens von großem Interesse, denn:


Regierungen bzw. Finanzministerien könnten überlegen eigene Krypto-Währungen auszugeben (Krypto-Lira z.B.), die im Falle einer Konjunkturdelle genutzt würden, um die eigene Volkswirtschaft zu stabilisieren und die man seitens der Regierung in einem entsprechenden Verhältnis gegen „echte Krypto-Euros" tauschen könnte.


Im ersten Moment hört sich diese Überlegung nicht sonderlich speziell an, denn die massive Verschuldung der europäischen Mitgliedsstaaten würde hierdurch nicht adressiert.



Man könnte im Zusammenhang mit der Verschuldung folgendes machen:


da jeder von der EZB an das jeweilige Finanzministerium ausgegebene Krypto-Euro mit einer jeweiligen Staatsanleihe unterlegt wäre (im übertragenen Sinne, für 1 Million Euro deutscher Bundespapiere erhielte das Bundesfinanzministerium z.B. 1 Million Krypto-Euro), könnte die EZB im Gegenwert der ausstehenden Sichteinlagen EU-Staatsanleihen aufkaufen.


(Anmerkung: als Sichteinlage bezeichnet man im Kreditwesen Bankguthaben, für die keine Laufzeit oder Kündigungsfrist vereinbart ist, also im übertragenen Sinne: das Geld, was du auf dem Girokonto hast.)


Die Laufzeit dieser aufgekauften, 0%-Zins-Anleihen lege man mit "unendlich" fest, was auch nötig wäre, denn im Falle eines Vollgeldsystems müsste jeder von der EZB ausgegebene Krypto-Euro, der dann vom Finanzministerium auf das Konto des jeweiligen Bürgers ausgezahlt würde, jederzeit durch Staatsanleihen im entsprechenden Gegenwert gedeckt sein.


Da die Laufzeit dieser 0%-Zinsanleihen unendlich wäre, spräche man per definitionem nicht mehr von Staatsschulden.


Das Resultat wäre, dass es in der Folge nicht mehr möglich für EU-Mitgliedsstaaten sich in Krypto-Euro neu zu verschulden, außer das jeweilige Land begibt neue Staatsanleihen, die die EZB kaufen würde.


Hierzu würde allerdings in einem Smart Contract die Bedingung festgeschrieben, dass die Schuldenquote des jeweiligen EU-Landes in Relation zur Wirtschaftsleistung (BIP) konstant zu halten wäre, also „fix“ ist.


Es wäre dann für EU-Mitgliedsstaaten nur noch möglich, unbegrenzt Schulden in eigens ausgegebenen Währungen zu machen (z.B. Krypto-D-Mark oder Krypto-Lira).


Wenn ein EU-Mitgliedsstaat also weitere Krypto-Euros wollte, wäre es nötig die Wirtschaftsleistung (BIP) zu steigern, sodass die Schuldenquote in Relation zum Krypto-Euro-BIP nach Ausgabe neuer Staatsanleihen stabil bliebe.


Wiederbelebung der Demokratie und des politischen Interesses der Bevölkerung


In der Tat ließe sich dank eines solchen Vollgeld-Krypto-Euro-Systems eventuell auch unsere europäische Demokratie „wiederbeleben“:


Politiker wären dazu gezwungen, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Wohlstand zu schaffen und die Wirtschaftsleistung ihres Landes zu steigern.


Dieser Gedanke umfasst auch, dass Investitionen in Bildung oder auch die akademische Infrastruktur (Universitäten z.B.) erfolgen würden, denn gut ausgebildete Menschen könnten durch Innovationen und Kreativität Wege zu neuen Technologien ebnen, die die Wirtschaftsleistung eines Landes steigern.


Zudem würde ein attraktiver Bildungsstandort kreative Köpfe von überall auf der Welt magnetisch anziehen.


Demnach wären Bürger des jeweiligen Landes dazu angehalten, jene Politiker zu wählen, die sich auch wirklich in den Dienst ihres Volkes im Hinblick auf das Schaffen von Wohlstand stellen, Zukunftsvisionen formulieren und diese dann auch umsetzen.


Hierzu wären die Bürger in der Pflicht sich wieder intensiv mit Politik und diesen Visionen auseinanderzusetzen.


Ergänzend würde der europäische Gemeinschaftsgedanke gestärkt, wären europäische Mitgliedsstaaten doch dazu angehalten miteinander, gemeinsam an der Schaffung von Wohlstand in Krypto-Euro zu arbeiten und plump gesprochen, ein 1 + 1 > 2 zu schaffen.


Welche Rolle käme Banken zu?


Banken würde ihr Geld nicht mehr über das Verleihen von Geld bzw. der Vergabe von Krediten verdienen.


Viel mehr würde eine Bank als reiner Anlagevermittler fungieren und zwar zwischen jenen, die ihre Krypto-Euro verleihen und jenen, die diese für Investitionen benötigen.


Der Zins würde sich über Angebot und Nachfrage, frei am Markt bestimmen, die Schaffung von Geld aus dem Nichts, so wie im Mindestreservesystem gehörte der Geschichte an.


Natürlich wäre es möglich, dass Banken in einer Parallelwährung spekulativ tätig wären, Wertpapiergeschäfte tätigten oder Kredite vergeben würden.


Aber es wäre im übertragenen Sinne eine Spekulation mit „Monopoly-Geld“ und jeder spekulative Exzess wäre durch die Schaffung von Geld aus dem Nichts und die resultierende Abwertung zum "echten Krypto-Euro" nicht nachhaltig.


Zusammenfassung


  • Ein Krypto-Euro sollte, um als Wertaufbewahrungsmittel fungieren zu können, auf einem „Stablecoin“-Prinzip beuhen

  • Ein Krypto-Euro wäre als Vollgeld-System angelegt, Geldschöpfung jeder Art unterläge der EZB, Buchgeldschöpfung durch Banken wäre ausgeschlossen, nur im Falle einer Parallelwährung („Falsch-Euro“) möglich

  • Dank Blockchain-Technologie und Smart Contracts wäre absolute Transparenz gewährleistet und klare, unumstößliche Regeln bzgl. der Einhaltung klar definierter, konkreter Schuldenquoten gegeben

  • EU-Mitgliedsstaaten könnten nur neue Staatsanleihen ausgeben und seitens der EZB weitere Krypto-Euro erhalten, wenn im gleichen Umfang neuer Schulden die Wirtschaftsleistung des jeweiligen Landes gesteigert würde, um die Schuldenquote stabil zu halten

  • Steigerung von Wohlstand und Wirtschaftsleistung könnte den Demokratie-Gedanken der EU neu beleben: Politiker wären angehalten auf die Schaffung von Wohlstand hinzuarbeiten, EU-Bürger jene Politiker zu wählen, die diesen Wohlstand auch tatsächlich schaffen bzw. entsprechende Visionen und Innovationen versprechen und umsetzen

  • Banken würden in Zukunft als reine Vermittler in Bezug auf Kreditvergabe auftreten, „Geldschaffung aus dem Nichts“ wie im Giralgeldsystem wäre Geschichte

Dir hat der Artikel gefallen? Lass es den Autor wissen! Sende hierzu eine Mail an jklatt@jk-trading.com

bottom of page