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Warum Routine im Trading so wichtig ist


Routine ist vermutlich nicht das erste Wort, was man mit dem Dasein als erfolgreicher Trader in Verbindung bringt.


Wenn ich Trading-Begeisterte frage, warum sie Trader werden wollen, höre ich nicht selten:


„Ich suche nach Abwechslung, will aber zugleich Freiheit und volle Flexibilität! Mein aktueller Job kann mir das nicht liefern, dort bin an feste Arbeitszeiten und Termine gebunden. Zudem ist das immer langweiliger, zu routiniert. Trading verspricht da viel mehr Abwechslung und Spannung!“


Während ich diese Vorstellung vom Trading zwar verstehen und auch den Wunsch nach Veränderung nachvollziehen kann, ist erfolgreiches, profitables Trading tatsächlich alles andere als „flexibel“, „unabhängig“ und „uneingeschränkte Freiheit versprechend“.


Meiner Erfahrung nach ist erfolgreiches, profitables Trading vor allem eins: langweilig.


Warum? Nun, profitables Trading erfordert klare Regeln.


Regeln, die man eisern und diszipliniert befolgt, ab und an abhängig von den Marktbedingungen adaptiert, die man aber dennoch einschleift, bis sie einem in Fleisch und Blut übergegangen sind.


Das Ziel ist es, nicht nach dem täglichen Adrenalin-Kick, sondern stattdessen nach Routine und Langeweile zu streben.


Verstehe mich nicht falsch: Trading bleibt dennoch die faszinierendste und aufregendste Profession die es gibt, denn du weißt trotz eines klaren Plans nicht, was du am Ende des Tages unterm Strich auf der Haben-Seite stehen hast (oder auch nicht).


Aber ohne klaren Plan und Routine wird es mit dem Erfolg und der Profitabilität im Trading nichts.


Wissen ist nicht Glauben


Bevor wir eine solche Routine oder einen Ablaufplan formulieren können, müssen wir zunächst ein wenig ausholen, wollen uns zunächst einmal die Frage stellen: „Was macht einen guten Trader aus?


Ich persönlich würde meinen persönlichen, „perfekten Trader“ wie folgt charakterisieren:


Mein perfekter Trader

  • ist geduldig.

  • ist diszipliniert.

  • ist sehr fleißig.

  • ist besonnen.

  • tradet sein eigenes, im Einklang mit seiner Persönlichkeit stehendes, System.

  • ist dem Markt gegenüber demütig.

  • ist eigenverantwortlich und akzeptiert uneingeschränkt seine Verluste.

  • fühlt sich zum Trading berufen.


Lässt man diese Charaktereigenschaften ein wenig auf sich wirken, wird man recht zügig erkennen, dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sein dürfte, dass ein Trader, der diese Charaktereigenschaften in sich vereint, langfristig erfolgreich im Trading sein dürfte.


Nun allerdings die Frage: wie schaffe ich es, immer diszipliniert zu sein? Oder besonnen? Oder Verluste als Teil des Spiels Trading zu akzeptieren?


Stellen wir uns hierzu einfach vor, du sagst dir jetzt: „Ich bin jetzt diszipliniert!


Um die Erfolgswahrscheinlichkeit abschätzen zu können, brauchst du gar nicht in den Bereich Trading zu gehen.


Stelle dir hierzu einfach vor, du formulierst am Ende dieses Jahres einen guten Vorsatz und sagst:

„Ich gehe ab Januar dreimal diszipliniert ins Fitnessstudio und halte eine solide Diät, sodass ich im Sommer 10kg weniger auf die Waage bringe!“


Hast du dir das schon einmal gesagt bzw. vorgenommen? Falls ja: wie erfolgreich bzw. diszipliniert warst du anschließend? Hast du dein Ziel konsequent verfolgt und erreicht?


Falls ja, dann bist du tatsächlich in der Minderheit, denn es ist ein offenes Geheimnis, dass solch ein Vorsatz in der Mehrzahl der Fälle von wenig Erfolg geprägt ist.


Das hat meist einen einfachen Grund: du glaubst nicht dran.


Ohne Frage: man muss dir nicht erklären, dass Sport treiben und Diät halten dramatisch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass du im Sommer am Strand 10kg weniger auf den Hüften hast.


Aber wissen heißt nicht glauben.


Es gilt also einen Glaubensgrundsatz zu formulieren, der dir erlaubt, dass du dich selbst als Sportler wahrnimmst und ausgehend hiervon dein Ziel erreichst.


Das bedeutet konkreter: wenn du dir sagst: „Ich bin Sportler!“, dann kannst du beurteilen ob dein Handeln (z.B. heute das Training ausfallen zu lassen oder den Riegel Schokolade oder die Tüte Chips vorm Fernseher am Abend zu essen) etwas wäre, was ein Sportler tun würde.


Ist die Antwort auf die FrageWürde ein Sportler jetzt Schokolade essen?“ „Nein“, dann lässt du es bleiben und isst stattdessen eine Karotte oder überwindest deinen inneren Schweinehund und gehst trotz Nässe oder Kälte draußen dennoch zum Sport.


Wenden wir das auf unsere Wahrnehmung als Trader an, lässt sich zügig erkennen, worauf ich hinaus will: bevor du deinen nächsten Trade abdrückst, machst du dir zum Beispiel zur Aufgabe, vor Eingehen einen klar formulierten Stop zu setzen.


Warum?


Nun, weil du Trader bist! Du möchtest nicht nur Trader werden, nein, du bist Trader!


Und ein Trader ist nun einmal ein Risiko-Manager.


Und um sein Risiko klar kalkulieren zu können, musst du mit einer konsequenten Verlustbegrenzung arbeiten.


Das du ohne Gewissensbisse einen Stop setzen kannst, setzt natürlich voraus, dass du den potentiellen Verlust im Moment eine Stop-Outs als Teil des Spiels akzeptiert und verinnerlicht hast.


Erreichen kannst du das zum Beispiel durch das Formulieren eines Glaubensgrundsatzes.


Ein Glaubensgrundsatz könnte zum Beispiel wie folgt lauten:


Verluste sind Teil des Trading-Business. Ich weiß, dass mein gehandelter Ansatz profitabel ist und einen positiven Erwartungswert verspricht, trotz zu erleidender Verluste. Diese Verluste sind der Preis für meine nächste Trading-Chance. Durch mein solides und gut durchdachtes Risiko- und Money-Management weiß ich, dass mein Risk of Ruin, also mein Risiko, bankrottzugehen, 0 ist. Hierdurch ist gewährleistet, dass ich trotz Verlusten lange genug im Trading-Spiel bleibe, um langfristig und nach einer Vielzahl von Trades meinen positiven Erwartungswert zu realisieren und mit meinem Trading unterm Strich Geld zu verdienen. Dank dieser Glaubensgrundsätze, die erfolgreiche Trader sich wie ein Mantra immer wieder und wieder aufsagen (was durch immer wieder und wieder auftretende Verlust-Trades ganz natürlich erfolgt), werden Verluste im Trading ganz normal, gehen „in Fleisch und Blut über“ und als Teil des Spiels akzeptiert.


Dieser Übergang in „Fleisch und Blut“ ist nur durch stete Wiederholung, also durch Routine erreichbar.

Und warum ist eine Routine nun besonders im Trading so wichtig?


Eventuell erinnerst du dich noch an einen früheren Blog-Artikel: "Wie uns unser Gehirn im Trading Streiche spielt".


In diesem Blog-Artikel hatten wir unter anderem als einen Hauptgrund für diese „Streiche“ herausgestellt, dass wir im Trading fortwährend und kontinuierlich mit sehr abstrakten Situationen konfrontiert werden.


Diese abstrakten Situationen in Verbindung mit Stress sind ein „schwierigerCocktail.


Der deutsche Neurobiologe Gerald Hüther hat in seinem Buch „Biologie der Angst – Wie aus Stress Gefühle werden“ eine perfekt aufs Trading anwendbare Situation aufgegriffen.

Hüther beschreibt in seinem Buch die im Kopf auftretenden Abläufe in Stresssituationen bei Menschen generell.


Er zeigt, wie der Mensch in bedrohlichen Situationen, die in jeweiliger Form so noch nie aufgetreten sind, reagiert und wie sich dieses in der Innen-, aber auch Außendarstellung beim Menschen dann widerspiegelt.


Wenn wir Hüthers Ausführungen als Trader lesen, dann können wir uns perfekt in seine Ausführungen hineinversetzen: gehen wir z.B. von einem Trader aus, der mit einer zu großen Position und ohne Stop versucht auf eine Jahresendrallye im DAX zu spekulieren.


Als der eingegangene Trade sich gegen unseren Händler entwickelt, tritt Stress und eine bedrohliche Situation auf, denn: der Trade verliert Geld, im extremsten Fall werden Wohlstand und Existenz bedroht.


Im klassischen Fall suchen wir in unserem Gehirn verzweifelt nach Lösungen, auch wenn sie mit dem Trading nichts zu tun haben, und Strategien, die uns in früheren, anderen Situationen aus unserer misslichen Lage befreit habe.


Am Ende läuft es, plump gesprochen, auf drei Optionen hinaus: Kampf, Flucht oder Erstarren.


Beim Kampf kommt es z.B. im Trading zum Pyramidisieren in den Verlust, bei der Flucht wird einfach der Computer ausgeschaltet und gehofft, dass sich das Problem schon selbst lösen wird.


Beim Erstarren sitzt der Trader wie paralysiert vor dem Bildschirm und fügt sich seinem Schicksal: (Angst-)Schweiß rinnt ihm von der Stirn, seine Gedanken rasen, machen es unmöglich einen klaren, vernünftigen Gedanken zu fassen.


Biochemisch kommt es bei einem immer weiter ansteigenden Adrenalinspiegel dazu, dass der menschliche Körper ein weiteres Stresshormon beginnt auszustoßen: Kortisol.

Das ausgeschüttete Kortisol sorgt dann dafür, dass aus der ursprünglichen Angst Verzweiflung, Ohnmacht und Hilflosigkeit werden.


Lange Rede, kurzer Sinn: da Trading generell einen hohen Abstraktionsgrad beinhaltet, der es unglaublich schwierig macht, eine Lösung für obige Probleme zu formulieren (die der erfahrene und erfolgreiche Trader ausgehend von seiner Trading-Routine übrigens zügig formuliert hat: „Schließe die Position!“) ist Routine im Trading für den langfristigen Erfolg unabdingbar!


Und wie schaut eine solche Trading-Routine aus?


Meine persönliche Trading-Routine besteht aus fünf Schritten:

  1. Vorbereitung bzw. Warm Up

  2. Trading

  3. Aufzeichnung

  4. Nachbetrachtung

  5. Analyse und Implementierung der Verbesserung

Zu meinem Warm Up zählen natürlich ein grundsätzliches Research:


welche Märkte sind heute „heiß“ (im Falle von Aktien-Daytrading würde ich zum Beispiel schauen, welche Nachrichten besonders nach- bzw. vorbörslich veröffentlicht wurden, wie die Aktie in der Vor- bzw. Nachbörse darauf reagiert hat, welche charttechnischen Level als wichtig herauszustellen sind, usw.)


Trade ich den DAX, Dow oder Devisen, schaue ich, welche makroökonomischen News heute anstehen, auch hier welche charttechnischen Level wichtig sind, wie der Bias im Markt ist, etc.


Im Hinblick auf das Warm Up ist auch erwähnenswert, dass ich nicht gleich den Rechner hochfahre und „in die Action springe“.


Nein, ich komme bereits auf „Betriebstemperatur“ ins Büro, hatte meinen schwarzen Kaffee, bin eine Runde um den Häuserblock gejoggt, hatte ein gutes Frühstück, eine kalte/heiße Dusche, habe die Kinder in den Kindergarten gebracht usw.


Im nächsten Schritt geht es dann ans Trading – und nur das.


Das bedeutet: Ich setze mein Wissen bzw. mein Trading und meine Handelsstrategie um und NUR das, sprich: ich mache einen guten Tradeund dann einen guten Trade und dann: einen guten Trade.


Ich nehme keine Bewertung meines Tradings vor, der Grund: beim ständigen Blick auf die Gewinn-/Verlustanzeige meiner Handelsstation oder der Frage, ob der Trade „gut“ oder „schlecht“ war, setze ich mich dem Risiko aus, emotional zu werden – etwas, was wir größtenteils vermeiden wollen und sollen.


Nach dem Trading geht es an die Dokumentation des Trading-Ergebnisses, meiner Gefühle, besonderer Vorkommnisse, etc. im Trading-Journal.


Ich schiebe das nicht auf, besonders im Hinblick auf meine Gefühlslage dokumentiere ich, solange die Gefühle „noch frisch sind“.


Dann geht es an die Bewertung und ich beantworte Fragen wie

  • "War Trade im Einklang mit meinem Handelsansatz/Plan?“

  • „War die technische Ausführung korrekt?“

  • „Ist der Gewinn/Verlust so kalkulierbar gewesen oder durch Slippage größer/kleiner?“

  • „Wurde der Trade durch News-Events beeinflusst?“

  • „Wurden meine gesetzte Ziele erreicht?“

  • etc.

Und dann gilt es erstmal ein wenig Abstand zum Trading zu gewinnen: Ich mache etwas vom Trading-losgelöstes, spiele mit meinen Kindern, spreche mit meiner Frau, gehe zum Sport, esse etwas, usw.


Danach geht es an die Analyse des Trading-Ergebnisses bzw. des Trading-Tages.


Hier beantworte ich Fragen wie „Welche neuen Erkenntnisse nehme ich für nächste Trading-Session mit?“.


Diese dokumentiere ich und mache mich dann daran, bei meiner nächsten Handelssitzung diese Veränderungen in meinem Trading umzusetzen und beginne von vorne.


„Einen Tag im Leben eines Traders“, also einen Tag vom morgendlichen Aufstehen, über die Vorbereitung, das Trading, die Nachbereitung und die Lektüre vorm Schlafengehen, kannst du dir übrigens auch HIER als PDF kostenlos herunterladen.


Das PDF ist die Grundlage meines JK Trading Tutorials „Ein Tag im Leben eines Traders“:


Der obige Blog-Artikel findet sich auch noch einmal in einem Podcasts gemeinsam mit Admiral Markets:

Dass dieser Podcast mit Admiral Markets entstanden ist, ist kein Zufall: Admiral Markets bietet als Multi-Asset-Broker neben aktivem Trading mit CFDs zudem die Möglichkeit über die Invest-Lösung im MT5 physische Aktien ohne Hebel zu handeln und somit eine für jeden Trader das passende Asset, um eine Trading-Routine aufzubauen.

Zum Testen kann man ein Demo-Konto HIER herunterladen.


Dir hat der Artikel gefallen? Lass es den Autor wissen! Sende hierzu eine Mail an jklatt@jk-trading.com

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